Dienstag, 28. Juli 2009

Im Bus durch die ungeplante Urbanisierung

Als ich das erste mal gegenüber indischen Bekannten mein Vorhaben äußerte, anstatt mit der Auto-Rickshaw zukünftig mit dem Bus ins Büro fahren zu wollen schlug mir blankes Entsetzen entgegen. Busfahren ist was für Arme, wenngleich es mittlerweile auch klimatisierte Busse sogar inklusive Frühstücksservice gibt, um auch die aufstrebenden Mittelschichten für die Öffi-Benutzung zu gewinnen. Alleine die Busroute zum Büro herauszufinden war schon ein ziemliches Abenteuer. So etwas wie Fahrpläne gibt es nicht und vor Landkarten haben Inder sowieso Angst. So erklärte mir etwa auch Bernhards Arbeitskollegin Divya, als ich sie um Auskunft bat, ich solle erst mal den Stadtplan wegpacken, „because Indians become scared when they see maps“.
Letztendlich kam ich mit einer ungefähren Ahnung in welche Richtung ich muss nach 2,5 Stunden Busfahrt und viel Herumfragerei tatsächlich an. Die Fahrzeit konnte ich nach ein paar mal sogar auf etwa 70 Minuten reduzieren und ich musste nur mehr einmal statt dreimal zu Beginn umsteigen. Da bin ich aber extra früh los um die Rush Hour zu vermeiden.

In Bangalore ist das passiert, was das renommierte Indian Institute of Science (IISc) als „ungeplante Urbanisierung“ bezeichnet. Aus den 1,7 Millionen Einwohnern der „Garden City“ in den 70ern sind mittlerweile geschätzte 8 Millionen Menschen geworden, die in einer ständig am Rande des Zusammenbruchs stehenden Stadt wohnen. Die Infrastruktur ächzt unter diesem rasanten Wachstum und besonders augenscheinlich kommt das ganze im Verkehr zu tragen.

1000 neue Fahrzeuge täglich
Zwar wird fleißig an einer Metro gebaut, werden neue Buslinien eingerichtet und die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln durch verschiedene Dienstleistungen attraktiver gemacht. Trotzdem kommen zu den bereits vorhandenen 3,5 Millionen Fahrzeugen in Bangalore täglich beinahe 1000 neue dazu! Indiens Wohlstand wächst vorallem in Boom-Städten wie Bangalore und wer es sich leisten kann, möchte auch mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs sein. Und der Mittelstand fährt hierzulande meist Kleinmotorräder – sie machen 70 % der Fahrzeuge aus. Weitere 15 % sind Autos, 10 % Busse und 5 % machen die Auto-Rickshaws aus.
Erklärtes Ziel der städtischen Transportunternehmen ist es, den Mittelstand in die Öffis zu bringen – kein leichtes Unterfangen. Statussymbole sind wichtig und nicht mehr mit den Armen im Bus zu sitzen wird als wichtige Etappe am Weg nach oben gesehen. An den täglichen Verkehrskollaps haben sich die Bangaloris ohnehin schon gewohnt.

Wer reich ist fährt übrigens SUV. Da unterscheiden sich die Inder wenig von den Europäern. Auch nicht in der beispiellosen Rücksichtslosigkeit ihres Fahrstils.

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